Entwicklung und Umfeld des SFB 442

Die Suche nach umweltverträglichen Schmierstoffen aus erneuerbaren Ressourcen verursachte in den letzten Jahren einen weltweiten Anstieg von entsprechenden Forschungsarbeiten. Einer der interessantesten Ansätze besteht in der grundlegenden Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Zusammensetzung, Molekularstruktur, physikalischen und chemischen Eigenschaften sowie bester Eignung als Schmierstoff. Die Ergebnisse werden anschließend genutzt, um durch geeignete Synthesebedingungen die sich daraus ergebenden Schmierstoffe zu optimieren. Es wurde eine Vielzahl interessanter Studien durchgeführt, die auf den Aussagen aus [TAE06], [WAG01] basieren. Diese berichten über relevante Analysen aus dem Bereich der mineralölbasierten Schmierstoffe. Im Bereich der erneuerbaren Rohstoffe werden beispielsweise Arbeiten von Hillion und Proriol [HSU04] als Referenz herangezogen. Dabei wurde Sonnenblumenöl mit hohem Linolsäureanteil zunächst isomerisiert, anschließend mit Ethylen kodimerisiert, katalytisch gesättigt, durch Kristallisation aufbereitet und schließlich mit Trimethylolpropan (TMP) entestert. Durch die Sättigung wird die Oxidationsstabilität gesteigert. Die Verzweigung verbessert die Niedertemperatureigenschaften (z. B. den Pour Point). Die Entesterung fördert die Hydrolysebeständigkeit. Filley [HIL03] kombiniert Methyl 9,10-Dihydroxystearate (DHSM) mit langkettigen Aldehyden zu formzyklischen Acetalen und erzeugt Öle, die sich durch niedrigen Pour Point und gute Viskosität auszeichnen. Darüber hinaus zeigt dieser Artikel Wechselbeziehungen zwischen den Strukturparametern (Acetal anstelle von Ketal, Anzahl der nicht-hydrogenen Atome, etc.) und den makroskopischen Eigenschaften der Öle auf.
 

In den letzten Jahren hat sich immer mehr gezeigt, dass die Verwendung von umweltschädlichen Substanzen sich nicht auf ein lokales Gebiet beschränkt, sondern ein globales Problem darstellt. Dies bedeutet, dass sehr viele Menschen Risiken ausgesetzt werden. Das ist der Grund, weshalb die Bedeutung des Umweltschutzes eine immer stärkere Rolle spielt, vor allem in den hochentwickelten Industrieländern. Dies wird auch durch das 2001 veröffentlichte White Paper der Europäischen Kommission bestätigt, das von der „Strategie für zukünftige Chemie-Politik“ handelt. Mit dem vorrangigen Ziel zur Aufrechterhaltung der Entwicklungsarbeiten enthält dieser Artikel Vorschläge für ein einzelnes System, das den Umgang mit Chemikalien reguliert, um die Gesundheit des Menschen zu schützen und eine nicht-toxische Umwelt zu fördern. Dies soll in globalem und langfristigem Umfang geschehen. Eine neue Regulierung wurde notwendig, da die bisherigen systematischen Regulierungen bezüglich der Prüfung und Bewertung neuer Chemikalien sich als nicht mehr adäquat für ältere Substanzen herausgestellt haben. Diese machen aber 99% der auf dem Markt verfügbaren Substanzen  aus. Die neue EU-Richtlinie wird 40 bestehende Rechtsmaßnahmen ersetzen und so ein homogenes System für alle Chemikalien darstellen, welches gewährleistet, dass zukünftig sowohl bestehende als auch neue Substanzen der gleichen Bewertungsmethode unterliegen. Das White Paper und die mit ihm zusammenhängenden Regeln werden in Form der REACH Regulierung (Registration, Evaluation and Authorization of Chemicals) implementiert (siehe Abbildung 4). Der Grundgedanke von REACH ist die Aufzeichnung der kompletten Lebensspanne einer chemischen Substanz, wobei Hersteller und Importeure das Gefährdungspotenzial jeder Substanz bewerten. So ist es jedem untergeordneten Nutzer möglich, Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen. Das Ziel ist, mehr Informationen zum Umgang und zur Nutzung von Substanzen zu erhalten und schädliche Substanzen zu ersetzen oder zu vermeiden. Die Entwicklung einfacher Test- und Evaluierungsmethoden, die die Möglichkeit bieten, Substanzen bereits in ihrer Entwicklung zu prüfen, spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle (www.reach-info.de).


Abbildung 4: Forschung innerhalb des REACH-Projektes

Die Vorgehensweise innerhalb des SFB 442 erfüllt vollständig die Anforderungen von REACH. Neben der Nutzung von Grundölen, die aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnen werden, sollte die Entwicklung von geeigneten Beschichtungssystemen die Nutzung von Additiven unnötig machen. Die interdisziplinäre Kooperation erlaubt die Aufzeichnung und Untersuchung der gesamten Lebensspanne eines Schmierstoffes von der Produktion über die Nutzung bis hin zur Entsorgung. Dies bedeutet, dass ein Beitrag zur Optimierung dieser Substanzen bereits in der Entwicklungsphase möglich ist. Abbildung 5 illustriert den Ablauf der umweltfreundlichen Fluidherstellung ausgehend vom Entwicklungsprozess, der innerhalb des SFB erstellt wurde. Er wird in dieser Form im Rahmen der interdisziplinären Kooperation übernommen, die sich in der aktuellen Projektphase mit der Synthese neuer Chemikalien oder der Modifikation bestehender Substanzen beschäftigt.


Abbildung 5: Herstellungsablauf eines umweltfreundlichen Fluids

Wie bereits in Kapitel 1 vorgestellt beinhaltet die Forschung innerhalb des SFB 442 alle tribologischen Kontaktoberflächen, die durch Fluide benetzt oder getrennt werden. Die Industrie hat bereits das hohe Potential von Komponenten- und Werkzeugbeschichtungen in zahlreichen Bereichen erkannt. Diese werden in dem 2003 veröffentlichten Report „Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt“ vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) beschrieben [FIL05]. Die wichtige Bedeutung des SFB 442 als Reflektion von industrieller Entwicklung kann anhand einiger Beispiele erläutert werden: das CrAlN-Schichtsystem ist seit 1998 im SFB ein integraler Bestandteil der Forschung innerhalb der Niedrigtemperatur-Beschichtungen. Diese Beschichtung wurde 2003 als Industriebeschichtung für Zerspanwerkzeuge unter der Produktbezeichnung BALINIT® ALCRONA der Oerlikon Beschichtungsservice Balzers für den Markt freigegeben. Das TiAlN/γ- Al2O3 –Schichtsystem wurde 2003 innerhalb des SFB präsentiert als ein Konzept in Form einer Multilayer-Beschichtung. Die erste technische Umsetzung war bereits 2004 verfügbar. Die industrielle Realisierung folgte im Jahr 2005 unter der Bezeichnung TIGERTEC® von Walter. Ebenso erfolgreich in Zerspanprozessen ist der 2003 vom SFB 442 vorgestellte Nanoverbundstoff TiAlN. Dieses Konzept und dessen erfolgreiche Umsetzung waren Bestandteil von weiteren Entwicklungen. Schätzungen des Marktumsatzes im Bereich der automatischen Komponentenbeschichtungen (Abbildung 6) zeigen, dass enorm viel Entwicklung betrieben wird, um die große Bedeutung der Beschichtungstechnologie am freien Markt auch zukünftig weiter zu fördern. Dies unterstreicht den innovativen Standpunkt des SFB 442.


Abbildung 6: Marktumsatz von PVD-Beschichtungen

 

 

Impressum Stand:02.07.2008